Anonymus fragte am 12.3.2010:
Ich möchte meinetwegen einen Song in C-Dur in Notenschrift festhalten.Gibt es ohne sich nur auf das Gehör zu verlassen eine Methode, zum Notenverlauf eine passende Akkordbegleitung herzuleiten? Oder wird es dort immer mehrere Möglichkeiten geben?
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Gänzlich ohne Gehör und nur nach theoretischen Regeln vorzugehen verlangt schon etwas Routine, wobei das natürlich auch vom Schwierigkeitsgrad abhängt. Falls die Melodie rein diatonisch, der Verlauf in C-Dur also z.B. ohne Vorzeichen auskommt, kommen immerhin 6 Akkorde - je dreimal Dur und Moll - in Frage. Im einfachsten Fall beschränkt sich das Material wie in vielen Volks- und Kinderliedern jedoch auf die 3 Dur-Akkorde: C-, F- und G-Dur. Es hängt also ganz vom Verlauf der Melodie ab. Eine sagen wir völlig zufällige, diatonische Tonfolge zu harmonisieren, dürfte dementgegen durch das Fehlen sinnvoller Phrasen ganz unterschiedliche Varianten einer möglichen Begleitung bieten. Darüber hinaus können stilistische Elemente die Begleitung bestimmen. Es ist z.B. durchaus möglich ein einfaches Kinderlied mit 4- und mehrstimmigen Akkorden nach Jazz klingen zu lassen. Bei ersten Versuchen zur eigenständigen Harmonisierung sollte man jedoch mit Dreiklängen und möglichst eindeutigen, d.h. klar gegliederten Melodien arbeiten. Eine klare Gliederung bedeutet hier, dass einzelne Phrasen erkennbar sind. Die rhythmisch betonten Noten einer Phrase bestimmen dann das Harmoniegerüst. Im einfachsten Fall sind alle Betonungen akkordeigene Töne. Z.B. würde eine Abfolge betonter Noten auf c, e und g - egal in welcher Reihenfolge - ein C-Dur verlangen. Die Melodie baut in dieser Phrase sozusagen schon von sich aus den C-Dur-Dreiklang auf, und der Begleitakkord stützt den Verlauf nur. Du musst also diese Stütztöne aus der Melodie filtern. Das ist das Grundprinzip. Weitere Anhaltspunkte zur Harmonisierung findest du unter folgenden Fragen: Wie kann ich Transponieren und Harmonisieren lernen? Und: Wie finde ich selbständig die richtigen Begleitakkorde?
Das Ergebnis der beschriebenen Filterung hängt auch von der Interpretation der Rhythmik ab. Im Wesentlichen hat man dabei die Möglichkeit unterschiedlich dicht zu harmonisieren. Nehmen wir den ersten Takt von 'Alle meine Entchen' in C-Dur – die Aufwärtsbewegung in Achteln gedacht. Dem ganzen Takt könnte man einfach einen C-Dur-Akkord zu Grunde zu legen: Die auf den betonten Vierteln stehenden Noten ergeben den Dreiklang: c-e-g. Harmonisiert man dementgegen Note für Note, also jedes Achtel, ergäbe sich die Folge: C-, G-, C-, G- (jeweils Achtel) und C-Dur (letztes Viertel). Man kann also – je nachdem, wie man die Rhythmik auffasst – den unbetonten Achteln auf d und f ein G-Dur zu Grunde legen, dass im Dominant-Sept-Akkord mit g-h-d-f drin steckt. Beide Varianten wären hier richtig, wenn man das Prinzip der rhythmischen Dichte für die übrigen Takte beibehält. Welchem Prinzip man den Vorzug gibt, hängt dann z.B. auch vom Tempo der Interpretation ab. Sehr langsam gespielt, wäre also die dichtere Harmonisierung schlüssiger. es antwortete:
Lorenz Felgentreff Gitarrist und Musikwissenschaftler Berlin Website: Gitarrenunterricht in Berlin
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