Anonymus fragte am 16.3.2009:
Wo liegt der Trick in der Erzeugung von singenden, quitschenden Tönen beim Spiel mit verzerrter E-Gitarre? Gibt es dazu gut verständliche Praxishilfen?
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Bei dieser Anschlagtechnik entlockt man Einzeltönen ein Obertongemisch. Was als singend und quitschend empfunden wird, sind also harmonische Töne, die theoretisch in ganzzahlig vielfachen Frequenzen zum Grundton schwingen. Eine normal angeschlagene Saite schwingt über die ganze Länge vom Untersattel bis zum gegriffenen Bund bzw. bis zum Obersattel frei. Mit dem Dich interessierenden Trick nimmt man der Saite diese Freiheit: sie schwingt nun wie mehrere Saiten in Teillängen ganzzahliger Bruchteile. Schwingungstheoretisch sind das nichts weiter als Flageoletts. Herkömmliche Flageoletts erzeugt man durch Dämpfen der Saite mit der Griffhand an Stellen von Schingungsknöten. Näheres dazu erfährst Du hier: Zum gehörmäßigen Stimmen mit Flageoletts. Man kann diese Dämpfung und den Anschlag aber auch gleichzeitig mit der einen Anschlaghand ausführen. Dazu muss das Plektrum so gehalten werden, dass es nahezu zwischen Daumen und Zeigefinger verschwindet. Nur noch die Spitze schaut minimal hervor. Der eigtl. Trick veranschaulicht sich nun am besten in Zeitlupe: Bei der idealerweise sehr kräftig, dennoch aus dem Handgelenk kommenden Abschlagbewegung erreicht der Daumen vor der Plektrumspitze die Saite. Er kommt vor dem eigtl. Abschlag auf der Saite zum Liegen: Er dämpft die Saite an einer bestimmten Stelle. Erst jetzt streicht das Plektrum über die Saite: Es verleiht durch die Dämpfung nur dem Saitenabschnitt zwischen Daumen und Untersattel einen Impuls. Nach der Impulsgebung wird die Saite freigegeben. Dieses Freigeben kommt aus einer einzelnen, also nicht abrupt ausgeführten Bewegeung, die sich eigtl. nicht von einem normal ausgeführten Abschlag unterscheidet. Evtl. muss das Handgelenk dazu etwas weniger als normal eingeknickt werden. Bei der Daumenhaltung ist lediglich darauf zu achten, dass er nicht mit den Fingernagel die Saite berührt.
Zum Einüben des Tricks eignen sich G- und D-Saite, die möglichst neu und nicht abgespielt sein sollten. Wenn Du hier die Bünde 5, 6 und 7 greifst, wirst Du vor dem Halsende, also dort, wo in etwa der halsseitige Tonabnehmer liegt bzw. läge, einige dicht beieinander liegende Dämpfungsstellen entdecken, die die genannten Flageoletts erzeugen. Mit zunehmender Nähe der Dämpfung zum Untersattel werden Flageoletts immer geräuschhafter. Mit verzerrten Sounds klingen die beschriebenen Flageoletts nicht nur länger, sondern bekommen noch zusätzliche Obertondrive. Das verleiht dem Klang dann noch mehr Eindruck von Quiken und Kreischen. Prinzipiell ist diese Flageolettetechnik aber auch mit jeder Clean-Gitarre machbar. es antwortete:
Lorenz Felgentreff Gitarrist und Musikwissenschaftler Berlin Website: Gitarrenunterricht in Berlin
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