Anonymus fragte am 7.1.2009:
Kann man Lieder, die auf den alten Kirchentonarten basieren (z.B. dorisch), mit der Gitarre begleiten?
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Kirchentonarten kann man auch als unterschiedliche Modi der geläufigen Diatonik auffassen. Insofern gibt es z.B. auch dorische Pop- und Rockstücke, für die keine anderen akkordharmonischen Regeln als die allgemeinen gelten. Etwas anderes ist es, ob die Akkordharmonik stilistisch passt. Sobald der Generalbass maßgebend ist, was im 16.Jh. aufkam und nichts anderes als eine Akkordschrift ist, passt der akkordische Begleitstil. Das sind also Dur- und Molldreiklänge mit ihren Umkehrungen, Vorhalten und Erweiterungen. Die Möglichkeit einer Begleitung ist jedoch nicht notwendig an die Akkordik gebunden. Man kann eine oder mehrere Stimmen kontrapunktisch begleiten oder metrisch versetzt imitieren. Je nach Musikepoche sind da andere Regeln maßgebend. In der frühen Mehrstimmigkeit werden z.B. Terzen und Sexten noch als Dissonanz behandelt, was den so typisch spröden, quint- und quartgeprägten Klang erzeugt. Es gibt ein umfangreiches Lautenrepertoire - auch Liedbegleitungen - aus dieser Zeit, das sich auch auf der Gitarre umsetzen lässt. Eine eigene, stilistisch passende Begleitung zu erfinden ist dann Sache des eigenen Verständnisses der jeweiligen Musik und des Anspruchs. Wenn man wenig Wert auf eine musikhistorisch korrekte Aufführung legt, kann man aber selbst einen gregorianischen Choral rein akkordisch begleiten. Das bedeutet dann aber, dass man manchmal willkürlich Töne hinzusetzt. Bei einer dorischen Schlusswendung ist es dann z.B. der Phantasie überlassen, ob man in D-Dur oder -Moll endet. Über das ganze Stück hinweg ergeben sich der Willkür gemäß ganz unterschiedliche Möglichkeiten des Klangeindrucks, von dem dann keiner dem alten, kontrapunktischen Stil gerecht wird, aber dennoch irgendwie an alte Musik erinnert. es antwortete:
Lorenz Felgentreff Gitarrist und Musikwissenschaftler Berlin Website: Gitarrenunterricht in Berlin
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