Kilian fragte am 28.10.2008:
Ich spiele seit etwa acht Jahren akustische und E-Gitarre, in letzter Zeit zunehmend Konzertgitarre. Ich strebe an, Stücke wie etwa die E-Moll-Bourrée von Bach flüssig spielen zu können. Einfachere Klassik- und Popstücke, wie Hotel California von den Eagles, habe ich bereits, Tabulatur sei Dank, relativ gut gelernt. Gibt es konkrete Tipps zur Herangehensweise an klassische Gitarrenmusik? Besonders unorthodoxe Griffabfolgen bringen mich hier gelegentlich an den Rand der Verzweiflung.
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Wichtig ist es, an den Grundlagen dranzubleiben. Auch nach langer Praxis lohnt es sich immer wieder an einfachen Etüden zu arbeiten. Technische und musikalische Sicherheit erreicht man nicht nur in der ständigen Bewältigung zunehmend schwerer Stücke. Als Gitarrist hat man hier das Glück, auf ein recht großes Repertoire leichter bis mittelschwerer Übungsstücke zurückgreifen zu können. Unter den Namen Sor, Carcassi, Giuliani und Carulli findet man genügend nach Schwierigkeitsgrad abgestuftes Material, um Jahrzehnte beschäftigt zu sein. Das ist die klassische Methode, deren Didaktik sich über Jahrhunderte bewährt hat. Du wirst in jedem Gitarrenladen Übungsliteratur dazu finden - auch mit Tabs.
Darüber hinaus gibt es unzählige Gitarrenbücher, die über die Klassik hinaus - von Romantik über Barock, Romantik bis zum Poparragement - nach Schwierigkeitsgrad geordnete Stücke bieten, ohne eine Gitarrenschule im eigentlichen Sinn zu sein. Man sollte lediglich auf vorhandene Fingersätze achten, die das Erarbeiten erleichtern. Solche Stückesammlungen muss man dann nicht von Vorn bis Hinten durcharbeiten, sondern kann querbeet heran gehen. Sich dann immer wieder mit neuen Stücken zu beschäftigen, bedeutet auf wiederkehrende Zusammenhänge zu zu stoßen. Das sind Zupfmuster, Prinzipien von Akkordbrechungen und Lagenwechseln, der rhythmischen Phrasierung etc. Wichtig ist nur, dass man sich Stücke vornimmt, die nicht überfordern. Auch das Einfache bietet musikalischen Reiz. Du wirst sehen, dass vieles simpel Gestricktes erstaunlich effektvoll sein kann. Umgekehrt gibt es auch technisch Anspruchsvolles, dass wenig abwirft, aber dennoch beherrscht sein will. Das können z.B. unbequeme Tonarten, die permanente Barrés verlangen, sein. Nach Schwierigkeitsgraden abgestuft, überwindet man solche Hürden mit der Zeit.
Nicht für die Gitarre komponierte Musik, die aber wie z.B. bei Bach möglichst detailgetreu interpretiert sein will, verlangt meist Erfahrung in der Umsetzung. Das, was Dir z.B. unorthodox vorkommt, ist manchmal wirklich nur durch Tricksen zu meistern: genau einzustudierende Lagenwechsel, ungewöhnliche Fingersätze und Kompromisse beim Legatospiel. Die genannte Borrée ist - insb. der zweite Teil - kein einfach zu spielendes Stück, obwohl es - bei gekonnter Interpretation - so klingen sollte. Mit dem scheinbaren Widerspruch zwischen hohem technischen Anspruch und leichter Eingängigkeit hat jeder Instrumentalist zu tun. Man geht solche Stücke dann längerfristig und im Studium Takt für Takt oder sogar Note für Note an, zudem bei langsamsten Tempo und abschnittsweise. Hierbei sollte dann ständig hinterfragt werden, welcher Ablauf problematisch erscheint, was die Ursachen sind und wo eine Lösung ist. Die Lösung findet man dann i.d.R. in den Basics, die man wie gesagt durch Etüden kennenlernt. es antwortete:
Lorenz Felgentreff Gitarrist und Musikwissenschaftler Berlin Website: Gitarrenunterricht in Berlin
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