Anonymus fragte am 7.10.2008:
Ich hatte ein interessantes Gespräch mit dem zukünftigen Gitarrenlehrer für meinen Sohn. Aus seiner Sicht ist es nicht unbedingt erforderlich, als Linkshänder zu spielen, weil man beim Gitarrenspielen nicht zwangsläufig davon ausgehen kann, daß eine Hand dominant sei. Ich bin selbst Linkshänder und fühle mich mit dieser Aussage nicht ganz wohl. Vor allem möchte ich, daß mein Sohn langfristig alle Möglichkeiten beim Gitarrenspiel ausschöpfen kann. Was raten Sie?
|
Dass keine Hand dominiert ist richtig. Es gibt also keine Seite, von der generell mehr Leistung gefordert wird. Anderseits sind die Aufgaben verschieden. Auf die Frage, warum alle Saiteninstrumente mit der Lieblingshand gezupft, angeschlagen oder gestrichen und der anderen Hand gegriffen werden, gibt es keine endgültige Antwort. Historisch gesehen kann es aber kein Zufall sein. Im Idealfall führt man Linkshänder an beide Varianten heran und lässt ihnen die Wahl. Das kostet Zeit. Anderseits ist mir kein Fall bekannt, wonach ein Rechtshänder die Linkshänderhaltung bevorzugt hätte. Meine Lehrerfahrung hat gezeigt, dass nahezu alle Neulinge - blutige Anfänger ohne jegliche Vorkenntnisse - die Gitarre instinktiv ihrer Händigkeit entsprechend halten. Auch das kann kein Zufall sein.
Die Aussage, dass man als Linkshänder die Rechtshänderhaltung annehmen kann, trifft zum Teil zu. Das eigentliche Problem ist aber, dass Einige erst nach längerer Zeit feststellen konnten, dass sie die Haltung nicht angenommen haben. Ich habe dementgegen noch nie gehört, dass ein als Linkshänder Spielender seine Haltung gewechselt hätte. All das zeigt doch deutliche Parallelen zur allgemeinen Problematik des Umgangs mit der Händigkeit. Besonders der Mischtyp, der z.B. links schreibt und mit rechts Bälle fängt u.s.w., muss für sich selbst heraus finden, was ihm mehr liegt. Die Schwierigkeit besteht ja nur darin, dass man hier über die Ausrichtung einer Tätigkeit entscheiden muss, die man noch nicht beherrscht. Deswegen lautet der Rat hier: die ersten Lektionen beidseitig erledigen. Die Entscheidung sollte dann automatisch fallen. Bei deutlicher Ausprägung der Händigkeit, rate ich allerdings gleich zur entsprechenden Haltung. Das spart Zeit und birgt keine Risiken. Der Umstand, dass sich viele Linkshänder anders entschieden haben, hat wohl eher damit zu tun, dass sie sich ohne Hintergedanken die am nächsten verfügbare Gitarre gegriffen und darauf gelernt haben. Linkshändergitarren sind übrigens - der verbreiteten Meinung entgegen - nicht teurer; seltener zwar, aber keine Rarität. es antwortete:
Lorenz Felgentreff Gitarrist und Musikwissenschaftler Berlin Website: Gitarrenunterricht in Berlin
|