Anonymus fragte am 11.8.2007:
Ich habe kürzlich zwei Anschlagtechniken beigebracht bekommen. Zum einen den Wechselschlag und zum andern eine Technik, bei der man die Saite zuerst mit dem Plektron und gleich darauf mit dem Daumen anschlägt, was einen Quietschton hervorbringt. Welche weiteren Anschlagtechniken gibt es?
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Es gibt viele Möglichkeiten die Klangfarbe und Dynamik eines oder mehrerer Töne mit der Anschlaghand zu beeinflussen. Der Anschlagort wirkt sich auf das Oberwellenverhalten aus. Nahe am Steg angeschlagen gibt es einen spitzen, mehr zur Saitenmitte zu einen weicheren Klang. Das hat mit der Anregung bzw. Unterdrückung bestimmter Wellenanteile zu tun. Ihr beschriebener Quietschton ist hier nichts als ein Flageolette, der mit dem Daumen der Anschlaghand erzeugt wird. Der Auflagepunkt des Daumens muss hier eine Stelle sein, wo sich Wellenknoten befinden. Alle anderen, vornehmlich längere Wellen, die an dieser Stelle einen Schwingungsbauch haben, werden unterdrückt. Vielleicht haben sie schon beobachtet, dass der Daumen an manchen Stellen der Saite die Schwingung völlig unterdrückt, nur noch ein tonloser Anschlagimpuls zu hören ist. Hier hat der Daumen dann die Gesamtschwingung der Saite abgedämpft, alle Schwingungsbäuche berührt. Mit Flageolettes erzeugt man harmonische Obertöne der Grundschwingung. Das sind ganzzahlige Vielfache der Grundfrequenz, also Oktaven, Quinten, Terzen, reine (!) Septimen und Nonen des Grundtons - manchmal aber auch Obertöne, die in der klassischen Musiktheorie bzw. Notation undefiniert sind.
Neben der klanglichen und tonalen Beeinflussung durch Wahl des Anschlagorts ist noch das Dämpfen mit dem Handballen zu nennen: das sog. Palmmute. Es verhindert das freie Ausschwingen der Saite und wird v.a. im Heayvyrock angewendet, um Anschlagimpulse hervorzuheben - den Rhythmus stampfender zu gestalten. Das Palmmute ist aber auch ein Effekt, der bei der Cleangitarre für funky feeling oder mit weniger Kraft angeschlagen auch für Wärme sorgt. Ansonsten ist noch die Kombination des Plektrums mit den übrigen Fingern zu nennen - der kombinierte Wechselschlag. Hier fungiert das Plektrum im Vergleich zum reinen Fingeranschlag als Daumen, der mehr für Bass- oder auch Wechselnoten zuständig ist - also im Wechsel zu Mittel- und Ringfingeranschlägen. Der kleine Finger ist am schlechtesten zu koordinieren. Er kann hier meist nur gleichzeitig mit den anderen Fingern zupfen, also Akkorde komplettieren. Das kombinierte Spiel lässt sich sehr vielfältig, v.a. für polyphone Zusammenhänge einsetzen. Eine für die Gitarre eher seltene, aber dennoch gebräuchliche Anschlagtechnik ist das Slapping. Hier kann man einzelne Noten einmal durch Aufschlagen der Saite auf das Griffbrett - mit dem Daumen - betonen, zum andern durch perkussives Anreißen - mit Mittel- oder Ringfinger - knallig klingen lassen. Das ist aber eine mehr für die Bassgitarre typische Technik, die weder etwas mit dem Plektrum- noch Fingerspiel zu tun hat.
Das wichtigste ist neben den genannten Techniken die Unterscheidung zwischen Plektrum- und Fingerspiel, auch Picking oder Fingerstyle genannt. Beim Fingerspiel werden die Saiten nicht angeschlagen, sondern gezupft. Der kleine Finger spielt beim klassischen Zupfen - auf der Konzertgitarre mit Kunststoffsaiten - keine Rolle. Es gibt zahlreiche Fingerstyles: Reines Kuppenspiel, Nagelspiel - auch mit künstlichen Nägeln - und Schattierungen dazwischen. es antwortete:
Lorenz Felgentreff Gitarrist und Musikwissenschaftler Berlin Website: Gitarrenunterricht in Berlin
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