Fin fragte am 28.7.2007:
Bei meiner E-Gitarre schwingt immer eine nicht angeschlagene über einer angeschlagenen Saite mit. Dadurch ergibt sich, insbesondere bei Akkorden, sehr leicht ein undefinierbarer Klangbrei. Woran kann das liegen?
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Das sind Resonanzeffekte, die jedoch nicht immer auftreten dürften. Resonanzen treten nämlich nur auf, wenn eine ruhende Saite durch eine harmonische Schwingung angeregt wird. Harmonisch bedeutet, dass eine angeschlagene Saite in einer Frequenz schwingen muss, die ein ganzzahliges Vielfaches zur Grundfrequenz einer ruhenden Saite bildet. Praktisch spielen hier nur Einklänge, Oktaven, Quinten und deren Verdopplungen eine Rolle - also die Frequenzverhältnisse 1:1, 1:2, 1:3, 1:4 u.s.w. Konkret heißt das: Die leere, tiefe E-Saite kann z.B. durch ein höheres E und H zum Schwingen angeregt werden. Das bedeutet aber nicht, dass die E-Saite dann in ihrer Grundfrequenz schwingt - also das tiefe E erklingt -, sondern in der der anregenden Frequenz. Die Gleichzeitigkeit von angeschlagenem Ton und dessen Resonanzen auf tieferen Saiten - räumlich gesehen: oberhalb liegend - ist musikalisch also vollkommen unproblematisch, weil ja nur das mitschwingen kann, was im angeschlagenem Klang enthalten ist. Es verändert sich hier also nur die Klangfarbe, nicht aber der harmonische Zusammenhang.
Anders sieht es aber aus, wenn Folgetöne oder -akkorde mit nachklingenden Resonanzen dissonieren. In vielen Fällen ist das unproblematisch oder sogar anzustreben, weil hier mehr Lebendigkeit ins Spiel kommt. Anderseits kommt es vor, dass das Nachklingen unerwünscht dissoniert, Klangbrei verursacht. Logischerweise betrifft das nur Akkorde, die nicht über alle Saiten angeschlagen werden. Als Beispiel eine Auflösung von G7 nach C-Dur mit E im Bass: xx0001/ xx2010 (Bundzahl von tiefen nach hohen Saiten, x=abgestoppt). Stoppt man hier die tiefe E-Saite nicht ab, klingt das h aus dem G7-Akkord in den Schlussakkord hinein. Deutlich hörbar wird das, wenn man die Töne einzeln spielt, den ersten laut den zweiten leise: xxxx0x/ xxxx1x. Das h resoniert hier Unisono auf der tiefen E-Saite. Der Schlusston c dissoniert dann mit dem nachklingenden h, falls man nicht abstoppt. Bei einer klassischen C-Dur Schlusskadenz wäre das regelwidrig. Im Jazz könnte diese Dissonanz jedoch als das Zusammenklingen der großen Septime mit der Oktave aufgefasst werden - als Bestandteil des Cmaj-Akkords. Es kommt also immer darauf an, in welchen Fällen das Abstoppen wirklich notwendig ist; es bleibt letzen Endes den eigenen Ohren überlassen. Anhaltspunkte zum Abstoppen oder Dämpfen von Saiten sind unter folgender Frage geschildert: Warum schwingen Saiten ohne sie anzuschlagen?
Es kann auch sein, dass ihr Problem mit einem unsauberen Anschlag zu tun hat. Sie erwischen hier sozusagen ungewollt Nachbarsaiten, die eigentlich ruhen sollten. Hier würde nur Selbstkontrolle Aufschluss geben: Langsam anschlagen und beobachten, ob nicht gedämpfte Saiten mit berührt werden. es antwortete:
Lorenz Felgentreff Gitarrist und Musikwissenschaftler Berlin Website: Gitarrenunterricht in Berlin
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