Anonymus fragte am 10.4.2007:
Ich spiele seit langem klassische Gitarre. Momentan bin ich dabei die Technick meiner linken Hand mit dem Ziel zu verbessern meine Fingerspitzen nicht schräg sondern von oben so gerade wie möglich aufzusetzen. Dafür muß ich die
Grundgelenke der Hand paralell zur Halsunterkante haben. Das Handgelenk läßt sich aber nur unter leichten Schmerzen in diese Position drehen. Das saubere Abziehen von Tönen gelingt nur, wenn die Hand in dieser Position ist. Kraft und Druck stimmen dann. Gibt es eine Möglichkeit diese Schmerzen zu vermeiden?
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Also irgendetwas scheint hier nicht i.O.: Die beschriebene Handhaltung sollte normalerweise vollkommen schmerzlos möglich sein. Vielleicht ist ihre Hand durch andere Tätigkeiten überlastet? Vielleicht übertreiben sie die zum Hals senkrechte Ausrichtung auch. D.h. sie sind evtl. permanent dabei eine ganz natürliche Eindrehung der Hand zu verhindern. Das kann bei bestimmten Griffen völlig kontraproduktiv sein. Ich bemühe hier ein wirklich banales Beispiel: Ein A-Dur-Akkord in offener Lage - ganz klar, dass hier die Hand nicht in senkrechter Position bleiben sollte. Banal ist das Beispiel, weil es nur die Statik, keinen Bewegungszusammenhang beschreibt. Bei plötzlichen und zudem noch wiederholten Bewegungen, die Schmerzen bereiten, riskiert man sinnlose Belastungen, die sich zu allem Überfluss auch noch einschleifen. Also: Beobachtung und Kontrolle der Effektivität der Haltung steht demnächst an erster Stelle ihres Übungsplans. Falls sie sehr viel spielen, kann es auch sein, dass sie mit einer an sich guten Haltung einfach an eine Belastungsgrenze gekommen sind. Profis, die täglich viele Stunden üben müssen, kennen ihre körperlichen Grenzen: Hier sind Entspannung und Entlastung genauso wichtig wie die Arbeit, deren Pensum an einer gewissen Schwelle zwangsläufig Spannungen verursacht. Ich will damit nicht sagen, dass richtiges Üben generell schmerzfrei sein muss, meine aber, dass der Schmerz immer ein ernst zu nehmendes Zeichen des Körpers ist. Schmerzende Gelenke sollte man keinesfalls ignorieren.
Was den Abzug - das Pull Off - angeht, ist die senkrechte Ausgangsposition der Hand natürlich. Nur sollte hier nicht der Winkelmesser, sondern die Lockerheit der Abzugsbewegung Maß der Dinge sein. Z.B. wird ein Abzug auf der hohen E-Saite mit nachfolgend offenem Lagenspiel mit einem spitzeren Winkel der Handhaltung als auf der tiefen E-Saite mit anschließenden Wechsel in höhere Lage verbunden sein. D.h. die Effektivität der Haltung wird vom Bewegungsfluss bestimmt, ist also keine Sache algorithmischer Berechnung, sondern des Gefühls für die eigene Motorik. es antwortete:
Lorenz Felgentreff Gitarrist und Musikwissenschaftler Berlin Website: Gitarrenunterricht in Berlin
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