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Wie kann ich Transponieren und Harmonisieren lernen?
Daniela fragte am 12.3.2007:
Ich spiele relativ viel Gitarre, aber nur dann super, wenn ich Noten habe, wo die Arkorde darüber stehen. Wenn es z. B. G-Dur heißt, habe ich Schwierigkeiten, da ich nicht wirklich weiß, welcher Akkord als nächstes kommt. Könnt ihr mir nicht helfen?
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Die Frage läuft offenbar auf zwei erlernbare Fähigkeiten hinaus: das Transponieren und das Harmonisieren. Beides sollte vorerst an einfachen Liedern, z.B. Volks- oder Kinderliedern geübt werden. Hier sind i.d.R. nur drei bis vier Akkorde zur Begleitung notwendig. Das sind Tonika, Dominante, Subdominante und evtl. noch Doppeldominante. Ihre Namen kommen aus der Funktionsharmonik. Jeder Akkord hat also - von der Tonart, also vom Akkordbuchstaben unabhängig - eine bestimmte Wirkung im Lied. Man kann diese unterschiedlichen Wirkungen auch mit eigenen Worten selbst beschreiben. Die Tonika ist hier immer der Schlussakkord: Hier ist die Melodie "zu Hause", hier endet sie - nicht nur am Liedschluss, sondern auch in zwischenschlüssigen Wendungen. Die Dominante hat Strebewirkung zur Tonika: der Akkord will aufgelöst werden, ist voll Spannung, die sich in der Wendung zur Tonika auflöst. Die Subdominante ist eine Art Zwischenstation, wo die Melodie entweder zur Tonika oder auch zur Dominante weiter "will". Bei manchen, sehr einfachen Liedern spielt die Subdominante keine Rolle - z.B. Hänschen klein. Bei nicht rein diatonischen Liedern, also Melodien, wo mindestens ein Vorzeichen in den Noten auftritt, kommt meistens die Doppeldominante hinzu: Ihre Strebewirkung geht zur Dominante - sozusagen zur nächsten Station, um nach "Hause" zu gelangen. So viel erst mal zur Funktion von Akkorden in einfachen Liedern. Das Gesagte sollte man natürlich auch mit den Ohren überprüfen, ausprobieren. Dazu Folgendes:
Will oder muss man eine Meldodie in tieferer oder höherer Tonlage singen, ändern sich natürlich auch die Begleitakkorde - nicht aber ihre Funktion. Für die Gitarre sind C-, G-, A-, D- und E-Dur bequeme Tonarten, weil sich die entsprechenden Akkorde einfacher als z.B. in Gis-Dur greifen lassen. Die Tonart bezeichnet das "zu Hause": In C-Dur ist also der C-Dur-Akkord die Tonika. Der Grundton der Dominante liegt eine Quinte höher bzw. eine Quarte unter dem Tonikagrundton: In C-Dur ist also G-Dur die Dominante. Der Grundton der Subdominante liegt eine Quinte unter bzw. eine Quarte über dem Tonikagrundton: In C-Dur ist F-Dur die Subdominante. Ich beschränke mich jetzt auf diese drei Akkorde. Will man diese bzw. ihre Funktion in eine andere bequeme Tonart übertragen, gilt es zu transponieren. Dazu kann man vorerst - um das Prinzip zu begreifen - alle Tonbuchstaben der C-Dur-Tonleiter der Reihenfolge in einen Kreis schreiben: also C, D, E, F, G, A und H; hier schließt sich der Kreis. Um die richtigen Akkordsymole für C, G und F nach der Transposition der Tonart zu finden braucht man nun nur noch in einer Kreisrichtung abzuzählen. Nehmen wir z.B. die Transposition von C- nach G-Dur: Vom C im Uhrzeigersinn nach G sind es 4 diatonische Schritte weiter; entgegen dem Uhrzeigersinn 3. Dieselbe Anzahl Schritte (bei gleicher Zählrichtung) gilt nun auch für F und G: also F wird zu C und G wird zu D. In alle oben als bequem bezeichnete Tonarten lässt sich mit dieser Methode transponieren. Irgendwann verinnerlicht sich dieses Prinzip. Man muss also nicht mehr auf Hilfsmittel wie den beschriebenen Kreis zurückgreifen, weil sich das gleiche Prinzip - auch visuell - auf das Griffbrett übertragen lässt. Wir sind hier übrigens mitten in der Musiktheorie, die auf sehr alte Bezeichnungen von Intervallen zurückgreift. Intervallnamen bezeichnen aber nichts Anderes als zählbare Abstände zwischen Tonhöhen. Etwas verwirrend wirkt sich dabei aus, dass die Sekunde - zu deutsch: die Zwei - den Abstand eines diatonischen Schrittes bezeichnet; die Terz - zu deutsch: die Drei - zwei Schritte u.s.w. Diese begriffliche Ungereimtheit kommt daher, dass die Null früher keine Bezeichnung fand, so dass die Prime - zu deutsch: die Eins - eigentlich dieselbe Tonhöhe und damit einen Abstand von "null" Schritten bezeichnet. Das sei zum Verständnis musiktheoretischer Konventionen erwähnt. Ist man übrigens sehr fit mit Barregriffen, kann man viele Transpositionen einfach durch Übertragung von Griffbildern in andere Lage vornehmen.
Wenn man Melodien ohne Akkordbezeichnungen begleiten will, empfiehlt sich auch hier vorerst den Stift in die Hand zu nehmen und die unbekannten Akkorde zu ermitteln und aufzuschreiben. Aus dem Stegreif zu harmonisieren verlangt Erfahrung, die auf der Verinnerlichung der erläuterten Funktion von Akkorden beruht. Grundlegendes Prinzip ist dabei, dass rhythmisch betonte Töne - auch lang ausgehaltene sowie melodische Phrasen abschließende - akkordeigene Töne sein müssen. Bleiben wir in C-Dur: Landet die Meldodie auf einem a, bleibt (bei einfachen Zusammenhängen wie z.B. Anfang "Tuff, tuff die Eisenbahn") hier nur die Subdominante, also F-Dur. Das a findet sich weder im C- noch im G-Dur-Dreiklang. Akkorde werden ja mindestens aus einem Dreiklang zusammengesetzt, wobei ich mich auf Dreiklänge beschränke. Desweiteren weiß man, wo das Lied endet: auf der Tonika. Erkennt man einen Spannungsbogen in der Melodie, spielt in C-Dur meist das h eine melodische Rolle: die Dominante, also G-Dur ist hier der richtige Begleitakkord. Außerdem weiß man, wonach sich die Dominante auflösen möchte: zur Tonika.
Hat man keinerlei Beziehung zur Musiktheorie, gilt natürlich dennoch, dass das Gesagte hörbar ist. Zur Not beschränkt man sich beim Harmonisieren also auf tonarttypische Akkorde und probiert einfach durch Hören, welche passen. es antwortete:
Lorenz Felgentreff Gitarrist und Musikwissenschaftler Berlin Website: Gitarrenunterricht in Berlin
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